Deutsches Fotomuseum

Aktuelle Austellung
Martin Pudenz
Unter diesem Himmel Deutsche Landschaften

Pückler Park, 2002
07. April 2024 bis 06. Oktober 2024


Deutsches Fotomuseum
Raschwitzer Straße 11-13
04416 Markkleeberg
Telefon: 0341- 6515711

Anfahrtsplan

Geöffnet:
Dienstags bis Sonntag
von 13 - 18 Uhr

Der erste Aufstieg innerhalb der Rotunde präsentiert chronologisch
die Fotografie des 19. Jahrhunderts anhand exemplarischer Motive
und bedeutender Fotografen.

1. Disdéri und das Portraitfoto als Statussymbol
2. die Aneignung der Welt, dokumentierte Ereignisse
3. die künstlerische Fotografie, moralische Wertmaßstäbe


Philipp Graff (1814 - 1851), Knabenbildnis, Berlin, 1850


Léopold Mayer (1817 - 1874) & Pierre-Louis Pierson (1822 - 1913)
Francois Certain de Canrobert, Marschall von Frankreich, Paris, 1855


André Adolphe-Eugène Disdéri (1819 - 1889), Napoleon III., Kaiser von Frankreich, Paris, 1859


Bertha Wehnert-Beckmann (1815 - 1901), Otto Friedrich Wigand, Verleger und Buchhändler, Leipzig, 1860


Anonymus, Aktstudie aus der Zeit des Zweiten Kaiserreichs, Paris, um 1860


Anonymus, Eine rauschende Ballnacht in der Epoche des Zweiten Kaiserreichs, Paris, um 1860


William Downey (1829 - 1915), Queen Victoria, Königin von England und Kaiserin von Indien, London, 1865


Ludwig Angerer (1827 - 1879), Karl Friedrich Alexander Herzog von Württemberg, Wien, 1865


Emil Rabending (1823 - 1886), Kaiserin Elisabeth von Österreich (Sissi), Wien, 1867


Otto Schoefft (1833 - 1900), Kostümszene aus Cairo, Kairo, 1873


Abdullah Frères (Atelier 1858 - 1899), Älteste Tochter Sultans Abd ul-Asis, Konstantinopel, 1872


Félix Bonfils (1831 - 1885), Das Erechtheion, Athen, 1872


Emil Rabending (1823 - 1886), Clara Schumann, Frankfurt am Main, um 1880


Erwin Hanfstengel (1837 - 1905), Johannes Brahms, Frankfurt am Main, um 1880


Anonymus, Touristengruppe in Ägypten, Kairo, um 1885


Hermann Walter, (1838 - 1909), Augustusplatz, Leipzig, 1888


Damond Coulin (Daten unbekannt), Gotthardstraße, Furkapost in Andermatt, Genf, 1892


Hubert Schmidt (Daten unbekannt), Erika Busch vor großer Atelierkamera, Fürstenwalde, 1895


Wilhelm von Gloeden (1856 - 1931), Glaukus, Taormina, um 1895


Joseph Knaffl (1861 - 1938), Mädchen mit Rose, Knoxville Tennesee, 1895


Eduard Arning (1855 - 1936), Lied ohne Worte, Hamburg, 1896


Max Kästner (Daten unbekannt), Paul Ernst Otto Wolfgang Mueller als Student, Leipzig, 1897


Paul Nadar (1856 - 1939), Benoit-Constant Coquelin ainé als Cyrano de Bergerac, Paris, 1897


Nicola Perscheid (1864 - 1930), Max Klinger, Leipzig, 1899


Otto Scharf (1858 - 1947), Mondschein, Krefeld, um 1900


Die Fotografie im 19. Jahrhundert

Die ersten Fotografen sind Künstler gewesen und seither bedienen sich Künstler des neuen Bildmediums.
Fotografen standen von Beginn an in vorderer Reihe innovativer Künstler, die auf die Befindlichkeiten ihrer
Epoche reagiert und die Entwicklung jener Bildsprachen vorangetrieben haben, die die Epochen im Nachhinein
erfassbar und erlebbar machen.
                     
Zunächst folgte die Fotografie im 19. Jahrhundert den akademischen Traditionen der Malerei in Bildkomposition
und Posen der Modelle. Doch gleich die zweite Fotografengeneration gesellte sich zur Avantgarde bildender
Künstler der heraufziehenden Moderne. Nicht zufällig fand die erste Ausstellung der Impressionisten 1874
in den Räumen des angesehenen Fotografen Félix Tournachon, genannt Nadar, am Boulevard Capucines
in Paris statt, und wäre es nach Edgar Degas gegangen, hätte sich die Künstlergruppe der Impressionisten
„La Capucine“ genannt.
 
Die mit der neuen Strömung einhergehende Abkehr vom Klassizismus stellte die Realität über die Idee und
kam damit den der Fotografie innewohnenden Möglichkeiten wesentlich entgegen. Leistungsfähigere Kameras
und immer lichtempfindlichere Fotoplatten ermöglichten es den Fotografen, ihre Ateliers zu verlassen, um der
Wirklichkeit auf den Leib zu rücken. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts machten sich die Fotografen auf den Weg,
jeden Winkel der Erde abzulichten. Ob Städte, Landschaften, Bauwerke oder Kunstwerke, alles wurde zum
ersten Mal fotografiert und die Zeitgenossen nannten die frühen Vedutenbilder „einen mit der Erinnerung
ausgestatteten Spiegel.“
 
Die Möglichkeit, die die Fotografie eröffnete, der Welt durch authentische Bilder habhaft zu werden, wirkte
geradezu revolutionär auf den menschlichen Erfahrungshorizont und kam dem Erkenntnisdrang zur Mitte
des 19. Jahrhunderts wesentlich entgegen. Auch verlieh die Fotografie, als das Sehen durch die Beschleunigung
des Reisens immer flüchtiger wurde, dem zunehmenden Wahrnehmungsverlust des Blickes ein dauerhaftes
Erscheinungsbild. Eine Tatsache, die heutzutage groteske Züge angenommen hat, wenn Touristen mit digitalen
Kameras vor den Augen durch den Urlaub stolpern, um zu Hause vor dem Bildschirm ihre Erlebnisse zu realisieren.
Schon Ende des 19. Jahrhunderts war der Fotografie die Rolle zugewachsen, das Leben in Erinnerung zu verwandeln.
 
Es nahm die Visualisierung der Welt ihren Lauf, die ihrerseits den Lauf der Welt zu beeinflussen begann.
Die Fotografie hat die Welt so schnell, radikal und nachhaltig verändert, wie kein anderes Bildmedium.
In den Ballungszentren heute ist der postmoderne Mensch dichter von fotografischen Bildern umstellt als von
Wirklichkeit und bevor der Mensch den Mars erreicht hat, ist ihm der Roboterfotograf bereits vorausgeeilt.

Andreas J. Mueller