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Fotografie des
19. Jahrhunderts

Tauchen Sie ein in die Pionierzeit der Fotografie: Im 19. Jahrhundert wurde das Bild zur Revolution. Von der Daguerreotypie über die Nassplatten-Technik bis hin zur frühen Porträtkunst – das Deutsche Fotomuseum zeigt, wie alles begann. Die ersten Fotografen sind Künstler gewesen und seither bedienen sich Künstler des neuen Bildmediums. Fotografen standen von Beginn an in vorderer Reihe innovativer Künstler, die auf die Befindlichkeiten ihrer Epoche reagiert und die Entwicklung jener Bildsprachen vorangetrieben haben, die die Epochen im Nachhinein erfassbar und erlebbar machen. Zunächst folgte die Fotografie im 19. Jahrhundert den akademischen Traditionen der Malerei in Bildkomposition und Posen der Modelle. Doch gleich die zweite Fotografengeneration gesellte sich zur Avantgarde bildender Künstler der heraufziehenden Moderne. Nicht zufällig fand die erste Ausstellung der Impressionisten 1874 in den Räumen des angesehenen Fotografen Félix Tournachon, genannt Nadar, am Boulevard Capucines in Paris statt, und wäre es nach Edgar Degas gegangen, hätte sich die Künstlergruppe der Impressionisten „La Capucine“ genannt. Die mit der neuen Strömung einhergehende Abkehr vom Klassizismus stellte die Realität über die Idee und kam damit den der Fotografie innewohnenden Möglichkeiten wesentlich entgegen. Leistungsfähigere Kameras und immer lichtempfindlichere Fotoplatten ermöglichten es den Fotografen, ihre Ateliers zu verlassen, um der Wirklichkeit auf den Leib zu rücken. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts machten sich die Fotografen auf den Weg, jeden Winkel der Erde abzulichten. Ob Städte, Landschaften, Bauwerke oder Kunstwerke, alles wurde zum ersten Mal fotografiert und die Zeitgenossen nannten die frühen Vedutenbilder „einen mit der Erinnerung ausgestatteten Spiegel.“ Die Möglichkeit, die die Fotografie eröffnete, der Welt durch authentische Bilder habhaft zu werden, wirkte geradezu revolutionär auf den menschlichen Erfahrungshorizont und kam dem Erkenntnisdrang zur Mitte des 19. Jahrhunderts wesentlich entgegen. Auch verlieh die Fotografie, als das Sehen durch die Beschleunigung des Reisens immer flüchtiger wurde, dem zunehmenden Wahrnehmungsverlust des Blickes ein dauerhaftes Erscheinungsbild. Eine Tatsache, die heutzutage groteske Züge angenommen hat, wenn Touristen mit digitalen Kameras vor den Augen durch den Urlaub stolpern, um zu Hause vor dem Bildschirm ihre Erlebnisse zu realisieren. Schon Ende des 19. Jahrhunderts war der Fotografie die Rolle zugewachsen, das Leben in Erinnerung zu verwandeln. Es nahm die Visualisierung der Welt ihren Lauf, die ihrerseits den Lauf der Welt zu beeinflussen begann. Die Fotografie hat die Welt so schnell, radikal und nachhaltig verändert, wie kein anderes Bildmedium. In den Ballungszentren heute ist der postmoderne Mensch dichter von fotografischen Bildern umstellt als von Wirklichkeit und bevor der Mensch den Mars erreicht hat, ist ihm der Roboterfotograf bereits vorausgeeilt.

Philipp Graff (1814 - 1851), Knabenbildnis, Berlin, 1850

Léopold Mayer (1817 - 1874) & Pierre-Louis Pierson (1822 - 1913)

André Adolphe-Eugène Disdéri (1819 - 1889), Napoleon III., Kaiser von Frankreich, Paris, 1859

Bertha Wehnert-Beckmann (1815 - 1901), Otto Friedrich Wigand, Verleger und Buchhändler, Leipzig, 1860

Anonymus, Aktstudie aus der Zeit des Zweiten Kaiserreichs, Paris, um 1860


Anonymus, Eine rauschende Ballnacht in der Epoche des Zweiten Kaiserreichs, Paris, um 1860

William Downey (1829 - 1915), Queen Victoria, Königin von England und Kaiserin von Indien, London, 1865

Ludwig Angerer (1827 - 1879), Karl Friedrich Alexander Herzog von Württemberg, Wien, 1865

Emil Rabending (1823 - 1886), Kaiserin Elisabeth von Österreich (Sissi), Wien, 1867

Otto Schoefft (1833 - 1900), Kostümszene aus Cairo, Kairo, 1873

Abdullah Frères (Atelier 1858 - 1899), Älteste Tochter Sultans Abd ul-Asis, Konstantinopel, 1872

Félix Bonfils (1831 - 1885), Das Erechtheion, Athen, 1872

Emil Rabending (1823 - 1886), Clara Schumann, Frankfurt am Main, um 1880

Erwin Hanfstengel (1837 - 1905), Johannes Brahms, Frankfurt am Main, um 1880

Anonymus, Touristengruppe in Ägypten, Kairo, um 1885

Hermann Walter, (1838 - 1909), Augustusplatz, Leipzig, 1888

Damond Coulin (Daten unbekannt), Gotthardstraße, Furkapost in Andermatt, Genf, 1892

Hubert Schmidt (Daten unbekannt), Erika Busch vor großer Atelierkamera, Fürstenwalde, 1895

Wilhelm von Gloeden (1856 - 1931), Glaukus, Taormina, um 1895

Joseph Knaffl (1861 - 1938), Mädchen mit Rose, Knoxville Tennesee, 1895

Eduard Arning (1855 - 1936), Lied ohne Worte, Hamburg, 1896

Max Kästner (Daten unbekannt), Paul Ernst Otto Wolfgang Mueller als Student, Leipzig, 1897

Paul Nadar (1856 - 1939), Benoit-Constant Coquelin ainé als Cyrano de Bergerac, Paris, 1897

Nicola Perscheid (1864 - 1930), Max Klinger, Leipzig, 1899

Otto Scharf (1858 - 1947), Mondschein, Krefeld, um 1900

Fotografie des
20. Jahrhunderts

Ein Jahrhundert voller Umbrüche: Die Fotografie des 20. Jahrhunderts spiegelt Gesellschaft, Kunst und Politik. Entdecken Sie dokumentarische Fotografie, Avantgarde-Bewegungen, Modefotografie und die Ästhetik der analogen Kamera. Um 1900 waren es wiederum Künstlerfotografen, die der massenhaften und auch damals immer flacher werdenden Bildproduktion das Bestreben entgegensetzten, eine subjektiv erfahrene Wirklichkeit zu visualisieren. Individuelle Aufsässigkeit gegen Konventionen war das Leitmotiv für Fotografen wie Wilhelm von Gloeden, der seinen persönlichen Traum von Arkadien zu verwirklichen suchte und so zu einem Pionier der inszenierten Fotografie wurde, weil er den subjektiven Blick und die Emotionen des Fotografen zum Maßstab der Fotografie erhob. Ähnliche Bestrebungen verfolgten zur Jahrhundertwende die Fotografen des Piktorialismus, der letzten künstlerischen Position, die die gestalterischen Mittel der Malerei auf die Fotografie zu übertragen suchte, um die Kunstwürdigkeit des Mediums zu unterstreichen. Schon eine Generation später, nach dem verheerenden 1. Weltkrieg, der die Umwertung aller kulturellen Werte beschleunigt hatte, bedienten sich die Künstler des Surrealismus, des Dadaismus und des Konstruktivismus der Fotografie als eines vollwertigen und eigenständigen künstlerischen Ausdrucksmittels. Parallel zu den avantgardistischen Experimenten entwickelte sich mit dem Neuen Sehen eine moderne, sachliche und dokumentarische Fotografie, die keines Vorbilds mehr bedurfte, sondern nunmehr selbst vorbildhaft auf die Malerei und andere Künste ausstrahlte. Die enorme Verbreitung Illustrierter Zeitschriften einerseits und die Entwicklung ungeahnt leistungsstarker und handlicher Kleinbildkameras andererseits schufen in den 1920-er Jahren die Grundlage für das Entstehen eines neuen Fotojournalismus, der schnell zu einer internationalen Bildsprache und nach dem 2. Weltkrieg unter dem Begriff „Human Interest“ zu einem menschlichen Stil fand, der sich durch persönliches Engagement für seine Sujets auszeichnete. Trotz des Eisernen Vorhangs, der damals die zivilisierte Welt teilte, gibt es kaum Unterschiede zwischen den bedeutenden Fotografen in Ost und West zu verzeichnen. Evelyn Richter und Will McBride haben diesseits und jenseits der Mauer die denkbar verschiedensten Welten fotografiert, aber ihre Bilder sind vom gleichen Geist und sprechen eine Sprache. In der zeitgenössischen Fotografie existieren die unterschiedlichsten und subjektivsten Herangehensweisen und Schulen nebeneinander. In narrativen Tableaus und allerlei künstlichen Bildwelten konkurrieren poetische oder provokante Phantasien und wetteifern um die Gunst des Publikums. In unendlicher Vielfalt und ganz im Sinne der Philosophie einer pluralistischen Gesellschaft agieren die Fotografen heute als Schöpfer eigener Bildwelten. Andreas J. Mueller

Werner von Jahn (Daten unbekannt), Am Abend, Wien, um 1900

Josef Ostermeier (1864 - 1927), Cypressen vor der Einsiedelei, Photochromie, Dresden, um 1905

Heinrich Kühn (1866 - 1944), Mary Warner im Gegenlicht, Autochrom, Innsbruck, 1908

Louise Hoßfeld-Ehelolf (1889 - 1966), Letzte Droschke, erstes Auto, Berlin, 1912

Hugo Erfurth (1874 - 1948), Die Sopranistin Grete Merrem-Nikisch, Dresden, um 1915

Anonymus, Der Messepalast Specks Hof zur Herbstmesse, Leipzig, 1925

Karl Edelmann (1890 - 1970), Damenbildnis im Profil, Annaberg, 1927

Paul Brandt (1891 - 1979), Gasse in Eisleben, Eisleben, 1928

August Sander (1876 - 1964), Die Boxer Paul Röderstein und Hein Heese, Köln, 1929

Ilse Bing (1899 - 1998), Tour Eiffel, Étoile, Paris, 1931

Kurt Reichert (Daten unbekannt), In Licht und Sonne, Ostsee, 1935

Richard Peter sen. (1895 - 1977), Dresden nach der Bombardierung, Dresden, 1945

Willy Ronis (1910 - 2009), Carrefour Sevres Babylone, Paris, 1948

Karl Heinz Mai (1920 - 1964), Brennholz sammelndes Schulmädchen, Leipzig, 1948

Renate und Roger Rössing (1929 - 2005/6), Trümmerbahn, von alter Dampflok gezogen, Leipzig, um 1950

Elliott Erwitt (*1928), Marilyn Monroe, New York, 1956

Sam Shaw (1912 - 1999), Marilyn Monroe und Arthur Miller, New York, 1957

Evelyn Richter (1930 - 2021), Frauentagsveranstaltung, Leipzig, 1962

Will McBride (1931 - 2015), John F. Kennedy am Brandenburger Tor, Berlin, 1963

Will McBride (1931 - 2015), Romy Schneider, Paris, 1964

Günter Rössler (1926 - 2012), Renate Gey, Leipzig, 1968

Norbert Vogel (*1944), Unter den Linden am 20. Jahrestag der DDR, Berlin, 1969

Peter Langner (1946 - 1994), Der Tanz, aus der Serie Verbotene Fotos, Leipzig, 1975/76

William Ropp (*1960), ohne Titel, Nancy, 1990

Karin Székessy (*1938), Akt, Hamburg, 1996

Fotografie des
21. Jahrhunderts

Anfang des 21. Jahrhunderts befand sich die digitale Fotografie noch in den Kinderschuhen und war die analoge Fotografie technisch derart ausgereift und perfekt, dass die bedeutendsten Hersteller Agfa und Kodak keine Veranlassung sahen, ihre Produktion umzustellen. Niemand konnte sich zunächst vorstellen, dass die digitale Fotografie sehr bald ebenso hohe Qualitätsstandards erreichen würde und somit und somit die Vorteile der neuen Technik überwiegen würden. Es fand eine digitale Revolution statt, die neue Aufnahmeverfahren und neue Bildbearbeitungsverfahren hervorgebracht hat, die ihrerseits die Entwicklung einer neuen Bildästhetik herbeigeführt haben. Wie die Fotografie im 19. Jahrhundert als Originalabzug und im 20. Jahrhundert in Illustrierten Zeitschriften ihren primären Ausdruck fand, tritt sie im 21. Jahrhundert speziell als jederzeit und überall verfügbarer Datensatz in Erscheinung, wobei die Bildrezeption sich vorrangig mittels Computer oder Smartphone vollzieht. Während sich die Fotografie die Akzeptanz als Kunstform einst mühsam erkämpfen musste, ist die Tatsache, dass sie eine legitime Form der Bildenden Künste sein kann, inzwischen unbestritten. Als monumentales Tafelbild auf Alu-Dibond-Platte mit Plexiglas beschichtet konkurriert sie in den Museen der Welt mit Werken der Malerei und allen anderen modernen Präsentationsformen. Obwohl die Menschheit heute einer Bilderflut ungeahnten Ausmaßes ausgesetzt ist, ist die Magie der Fotografie ungebrochen und ist das Medium Fotografie beliebter denn je. Andreas J. Mueller

Thomas Kellner (*1966), Das Opernhaus tanzt, Leipzig, 2001

Olaf Martens (*1963), Ballett 240 Tonnen, St. Petersburg, 2003

Thomas Billhardt (1937 – 2025), Wohnen im Elendsviertel, Manila, 2004

Thomas Karsten (*1958), Mira und Eva, Halle/Saale, 2006

André Kempner (*1968), Wave-Gotik-Treffen, Leipzig, 2006

Bertram Kober (*1961), ohne Titel, Grimma, 2014

Peter Untermaierhofer (*1983), Verdammte Seelen, Tschechien, 2014

Alan Behr (*1967), Pandemie, Take out Food, New York, 2020

Georg Wendt (*1974), Der Schrei, Vogelpark Marlow, 2021

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